Perspektivenwechsel: 9 Podcasts für mehr Empathie

Frank Joung: "Dieser Podcast hat mich richtig geflasht. Zu Gast ist Insun Kim, die „erste offen lesbische Frau ihrer Generation in der südkoreanischen Öffentlichkeit“. Anfang der 1970er-Jahre kam sie wie Zehntausende andere koreanische Frauen als junge Krankenschwester nach Deutschland. Sie erzählt Host Sung Un Gang, was sie erdulden musste – gerade in der konservativen koreanischen (Kirchen-) Gemeinde. Wie gelassen und mutig sie ihren Weg gegangen ist, ist faszinierend."

FJ: "Zugegeben: Ich musste mich überwinden, diesen Podcast über den Tod von Oury Jalloh anzuhören. Der Fall ist einfach zu grausam: 2005 verbrennt der Mann aus Sierra Leone in einer Polizeizelle in Dessau. Er soll sich selbst angezündet haben, behaupten die Beamten, obwohl Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt war. Seit 18 Jahren hält die Justiz am Suizid fest – „gegen jede Logik und immer neue Indizien“, wie es im Podcast heißt. Emotional schwer zu ertragen, – aber unglaublich hörenswert."

FJ: "Autorin und Journalistin Alice Hasters und Synchronsprecherin Maximiliane Häcke schaffen es immer wieder, komplexe Themen umfassend, kompetent, schlau und mega sympathisch aufzudröseln. In dieser Folge geht es um Feminismus. Warum alles kompliziert, aber nicht hoffnungslos ist. Was auch ein Effekt des Podcasts ist: Die beiden kreieren eine so angenehme Atmosphäre, dass man danach positiver gestimmt ist als vor dem Hören."

FJ: "Eines der emotionalsten Gespräche, die ich in den letzten 6 Jahren meines Podcasts geführt habe, ist das mit Aktivist und Performer Gianni Jovanovic. Wie ehrlich, energievoll und lebensbejahend er seine zum Teil brutalen Erfahrungen – u.a. abgeschoben, zwangsverheiratet, als schwuler Mann von der eigenen Community abgelehnt – öffentlich verarbeitet, ist bewundernswert. Eine Episode, die offen legt, was Rom:nja und Sinti:zze in Deutschland bis heute erleiden müssen. Dennoch sagt Gianni: „Ich habe mich fürs Licht entschieden.“ Und das merkt man: Er leuchtet."

FJ: "Der rassistische Terroranschlag in Hanau hat vielen Halben Katoffln in Deutschland auf brutale Weise gezeigt, dass sie nicht dazugehören. „Während wir trauern, feiert das Land Karneval“ – so ist das Gefühl bei vielen. Die beiden hervorragenden Journalistinnen Sham Jaff und Alena Jabarine findenden den richtigen Zugang und Ton, wenn sie mit den Angehörigen der Opfer sprechen oder Erkenntnisse einordnen. Mich hat sehr beeindruckt, wie klar, besonnen und kämpferisch sich Hinterbliebene und Überlebende äußern, organisieren und gegenseitig unterstützen."

FJ: "Neben meinem eigenen Projekt „Halbe Katoffl“ moderiere ich seit einem Jahr auch „Kopfsalat“, einen Podcast über Gefühle und den anderen Salat im Kopf. In dieser Folge sprechen wir mit Rapper, Produzent und Autor Roger Rekless über seine Depression und wie Selbstliebe, Therapie und Aktivismus seine Musik beeinflussen. Warum er oft unbewusst eine Oktave höher spricht, was ihm Kampfsport bringt und wieso Empathie so essenziell ist."

FJ: "Maximilian Pollux war Schwerstverbrecher und ist jetzt Autor und YouTuber. Bob Blume ist Lehrer und Bildungsinfluencer und als „Netzlehrer“ bekannt. Ihr Gespräch über Schulkinder, die nicht still sitzen, Lehrer:innen, die nicht zuhören und Jugendliche, die nicht mit Lob umgehen können, ist eine wahre Wohltat. Ich musste die ganze Zeit nicken, lachen oder beides. Das System Schule braucht genauso solche Menschen."

FJ: "Dieses Gespräch zwischen dem Starkoch David Chang und Hollywoodschauspieler Steven Yeun ist vielleicht meine Lieblingspodcastfolge überhaupt, weil sie mir eine große persönliche Erkenntnis lieferte. Als die beiden über das koreanische „Han“ sprechen, über das intergenerational vererbte Trauma von Unterdrückung, habe ich besser verstanden, warum ich so bin, wie ich bin. Es war ein richtiger Aha(n)-Effekt."

FJ: "Zum Abschluss noch mal mein eigener Podcast. Nach dem Zusammentreffen mit Künstlerin Amie Savage musste ich mir eingestehen, dass ich fast immer die Barrieren übersehe, mit denen sich Menschen mit Behinderung tagtäglich auseinandersetzen müssen. Amie hat eine angeborene Gelenksteife in Armen und Beinen. Sie steuert ihren Rollstuhl mit dem Kinn und malt mit dem Mund – für sie ganz normal, für andere eine „Inspiration“"